Auch wenn das Pro­jekt nicht im Koali­ti­ons­ver­trag ver­an­kert ist, für den Innen- und Rechts­po­li­ti­ker Patrick Sen­s­burg ist klar: Der Deut­sche Bun­des­tag soll­te noch in die­ser Legis­la­tur­pe­ri­ode einen Gesetz­ent­wurf ver­ab­schie­den, mit dem Trans­pa­renz über die Arbeit von pro­fes­sio­nel­len Lob­by­is­ten geschaf­fen wird. In sei­nem Bei­trag beschreibt Sen­s­burg ers­te Grund­li­ni­en, an denen sich ein deut­sches Lob­by­re­gis­ter ori­en­tie­ren sollte.

(Foto: Maxi­mi­li­an König)

Seit jeher sind Inter­es­sen­ver­tre­te­rin­nen und Inter­es­sen­ver­tre­ter unter­schied­li­cher Art in ver­schie­de­nen For­men an demo­kra­ti­schen Wil­lens­bil­dungs­pro­zes­sen betei­ligt. Das ist sinn­voll und auch not­wen­dig, denn die Anzahl und Kom­ple­xi­tät der poli­ti­schen Ent­schei­dun­gen erhöht sich stän­dig. Das Wis­sen und die Bedürf­nis­se z.B. von Berufs­ver­bän­den, Gewerk­schaf­ten oder Ver­brau­cher­ver­ei­ni­gun­gen in den Gesetz­ge­bungs­pro­zess ein­zu­be­zie­hen, erhöht die Qua­li­tät der Gesetz­ge­bung. Dar­um ist das Enga­ge­ment bei der Ver­bän­de­be­tei­li­gung oder den Anhö­run­gen sehr hoch.

Was auf Sei­ten der Poli­tik, der Ver­bän­de und der Wirt­schaft begrüßt wird, stößt jedoch bei wei­ten Tei­len der Bevöl­ke­rung auf Skep­sis und Miss­trau­en. Mit dem Begriff Lob­by­is­mus wer­den in der öffent­li­chen Wahr­neh­mung vor­nehm­lich ver­bor­ge­ne, ille­gi­ti­me oder gar ille­ga­le Ein­fluss­ver­su­che par­ti­ku­la­rer Inter­es­sen­ver­tre­te­rin­nen und Inter­es­sen­ver­tre­ter ver­bun­den. Die Grün­de sind dabei recht viel­fäl­tig und rei­chen von Unkennt­nis über die The­ma­tik „Lob­by­ing“, feh­len­der Trans­pa­renz der Betei­li­gungs­ver­fah­ren bis hin zur völ­li­gen Ableh­nung der Interessenvertretung.

Umso wich­ti­ger ist es, einen gesetz­li­chen Rah­men zu schaf­fen, um dem Wunsch nach Trans­pa­renz Rech­nung zu tra­gen und das Ver­trau­en in die am Gesetz­ge­bungs­pro­zess betei­lig­ten Orga­ne auf­recht zu erhalten.

Um die Ver­tre­tung von Inter­es­sen gegen­über der Legis­la­ti­ve und Exe­ku­ti­ve sicht­bar zu machen, wer­den in vie­len Staa­ten soge­nann­te Trans­pa­renz- oder Lob­by­re­gis­ter geführt, die eine Ein­tra­gung der Inter­es­sen­ver­tre­te­rin­nen und Inter­es­sen­ver­tre­ter vor­se­hen und für die Öffent­lich­keit ein­seh­bar sind. Auf der Ebe­ne der Euro­päi­schen Uni­on gibt es ein nicht ver­pflich­ten­des Trans­pa­renz­re­gis­ter, wel­ches auf einer inter­in­sti­tu­tio­nel­len Ver­ein­ba­rung zwi­schen dem Euro­päi­schen Par­la­ment und der Euro­päi­schen Kom­mis­si­on basiert. Ein frei­wil­li­ges Regis­ter gilt in Deutsch­land nach der Geschäfts­ord­nung des Bun­des­ta­ges bei­spiels­wei­se auch für die Inter­es­sen­ver­tre­tung von Ver­bän­den gegen­über dem Deut­schen Bun­des­tag und der Bun­des­re­gie­rung. Nur ein­ge­tra­ge­nen Ver­bän­den wird die Mög­lich­keit zur Anhö­rung und zur Ertei­lung von Haus­aus­wei­sen ermög­licht. Ver­pflich­ten­de Trans­pa­renz­re­gis­ter mit umfang­rei­chen Ein­tra­gungs­pflich­ten und Sank­ti­ons­mög­lich­kei­ten gibt es zum Bei­spiel in den USA und in Kana­da sowie seit dem Jahr 2013 in Öster­reich, seit dem Jahr 2014 im Ver­ei­nig­ten König­reich und letzt­lich seit dem Jahr 2015 in Irland. Kri­tik gibt es aber an allen natio­na­len Rege­lun­gen und selbst die euro­päi­sche Aus­ge­stal­tung wird z.B. von Trans­pa­ren­cy Inter­na­tio­nal e.V. kritisiert.

Ent­schei­dend für die deut­sche Aus­ge­stal­tung eines Lob­by­re­gis­ters ist für mich zum einen, dass der direk­te Aus­tausch zwi­schen Par­la­men­ta­ri­ern mit den Bür­ge­rin­nen und Bür­gern des Wahl­krei­ses unein­ge­schränkt mög­lich bleibt. Dies selbst­ver­ständ­lich auch, wenn der Bür­ger ein Unter­neh­mer ist. Der loka­le Hand­wer­ker, Unter­neh­mer oder Dienst­leis­ter muss sich in kei­nem Regis­ter ein­tra­gen las­sen, um mit sei­nem Abge­ord­ne­ten in unmit­tel­ba­ren Kon­takt zu tre­ten. Gera­de die­se Unmit­tel­bar­keit braucht die Demo­kra­tie schließ­lich. Nur „pro­fes­sio­nel­le Lob­by­is­ten“ soll­ten sich regis­trie­ren müs­sen. Pro­fes­sio­nel­le Lob­by­is­ten müs­sen dar­über hin­aus noch wei­ter zu bestim­men­de Anga­be­pflich­ten erfül­len, die dann auch z.B. von man­chen Ver­ei­nen und Ver­bän­den gefor­dert wer­den, sofern sie pro­fes­sio­nel­len Lob­by­is­mus betrei­ben. Aber auch Rechts­an­wäl­te wer­den hier nicht außen vor blei­ben können.

Wei­ter­hin darf kein zusätz­li­cher Ver­wal­tungs­auf­wand für Abge­ord­ne­te ent­ste­hen, denn die­se sol­len ihr Man­dat aus­üben und nicht zur Ver­wal­tung mutie­ren. Ein Lob­by­re­gis­ter soll­te mit mög­lichst gerin­gem Ver­wal­tungs­auf­wand gepflegt wer­den kön­nen, um die Admi­nis­tra­ti­ve nicht noch wei­ter anwach­sen zu lassen.

Da die Gesetz­ge­bung im Deut­schen Bun­des­tag, aus mei­ner Sicht, bereits sehr trans­pa­rent ist, wird sich die Fra­ge stel­len, inwie­weit die zu fin­den­den Rege­lun­gen auch für die Bun­des­re­gie­rung gel­ten sol­len. Hier haben wir im Vor­feld der Ent­ste­hung eines Geset­zes eine ande­re Situa­ti­on als im Par­la­ment. Wobei auch an die­ser Stel­le klar gesagt wer­den muss, dass Inter­es­sen­ver­tre­te­rin­nen und Inter­es­sen­ver­tre­ter für die Bun­des­re­gie­rung wesent­lich für den Gewinn von Erkennt­nis­sen sind.

Im Ver­fah­ren um die Aus­ge­stal­tung eines Lob­by­re­gis­ters in Deutsch­land gibt es noch vie­le offe­ne Fra­gen. So ist noch nicht ein­mal eine recht­lich ein­wand­freie For­mu­lie­rung gefun­den, wer von dem Gesetz über­haupt erfasst wer­den soll. Auch bei den Fol­gen gehen die Ideen weit aus­ein­an­der. Jedoch schei­nen sich alle poli­ti­schen Kräf­te grund­sätz­lich einig zu sein, dass die­ses The­ma in die­ser Legis­la­tur­pe­ri­ode ange­packt wer­den soll. Unter­stüt­zung gibt es dabei nicht nur von Ver­bän­den wie Trans­pa­ren­cy Inter­na­tio­nal e.V., Lob­by­Con­trol – Initia­ti­ve für Trans­pa­renz und Demo­kra­tie e.V. oder z.B. abgeordnetenwatch.de/Parlamentwatch e.V., son­dern auch von Wirt­schafts­ver­bän­den, wie dem Ver­band der Che­mi­schen Indus­trie e. V. (VCI). Wir kön­nen also alle hof­fen und dar­an arbei­ten, dass es eine gute und breit akzep­tier­te Rege­lung in Deutsch­land geben wird.

 

Prof. Dr. Patrick Sen­s­burg, MdB (CDU/CSU)

ist seit 2009 Mit­glied des Deut­schen Bun­des­ta­ges und dort Vor­sit­zen­der des Aus­schus­ses für Wahl­prü­fung, Immu­ni­tät und Geschäfts­ord­nung. Zuvor lei­te­te er als Vor­sit­zen­der den NSA-Unter­su­chungs­aus­schuss sowie den Unter­aus­schus­ses Euro­pa­recht. Von 2000 bis 2006 war er Rechts­an­walt und von 2006 bis 2008 Pro­fes­sor an der Fach­hoch­schu­le des Bun­des für öffent­li­che Ver­wal­tung — Fach­be­reich Kri­mi­nal­po­li­zei beim BKA. Seit 2008 ist er Pro­fes­sor an der Fach­hoch­schu­le für öffent­li­che Ver­wal­tung NRW.