Nachruf auf Dr. Wulf Schönbohm
Der Gründer und langjährige Chefredakteur der SONDE, Dr. Wulf Schönbohm, verstarb in der Nacht vom 26. auf den 27. April 2021. Eine Würdigung aus den Reihen des RCDA und ein Blick auf Schönbohms Wirken bei der SONDE.
Nachruf auf unseren Freund und langjährigen Weggefährten Dr. Wulf Schönbohm
In der Nacht vom 26. auf den 27. April ist Wulf Schönbohm im Alter von 80 Jahren verstorben. Er war für viele ein politisches Vorbild, langjähriges RCDA-Mitglied und bei vielen unserer Veranstaltungen aktiv dabei – häufig zusammen mit seiner Ehefrau.
Wulf Schönbohm studierte politische Wissenschaft, Philosophie und Soziologie in Berlin und Bonn. 1966/67 wurde er stellv. Bundesvorsitzender und 1967/68 Bundesvorsitzender des RCDS – in einer wilden Zeit. Als einer der maßgeblichen Gründer und langjähriger Chefredakteur der Zeitschrift SONDE sorgte er für viele Reformanstöße für die CDU. In dieser Zeit der 68er-Revolte stellte sich für ihn und seine Mitstreiter die Aufgabe des Eintretens für die parlamentarische Demokratie, die freiheitliche Gesellschaftsordnung und die Soziale Marktwirtschaft gegenüber den linksradikalen Systemveränderern. Sie traten dafür ein, durch Reformen die Verhältnisse zu verbessern. Wulf Schönbohm und die anderen „alternativen 68er“ wie z.B. Peter Radunski und Horst Teltschik finden sich – auch mit ihren Publikationen – in vielen politikwissenschaftlichen Darstellungen dieser Jahre.
Sie kämpften in einer doppelten Frontstellung: an den Hochschulen von den Linken in die rechte Ecke gedrängt, in der CDU teilweise als Linksabweichler verdächtigt. In der damaligen aufgeheizten Stimmung waren viel Mut und Energie erforderlich. Übrigens war diese engagierte Arbeit an den Hochschulen keineswegs erfolglos; 68/69 wurden eine Reihe wichtiger Wahlen zu den Studentenparlamenten von RCDS und DSU gewonnen, was heute wenig bekannt ist.
Wulf Schönbohm war nach seinem Examen in Politikwissenschaft beruflich erfolgreich in der Konrad- Adenauer-Stiftung und später in der CDU-Bundesgeschäftsstelle tätig, dort als Leiter der Grundsatzabteilung in der Zeit von Generalsekretär Heiner Geißler. Er hat einer Reihe RCDS‑, JU- und CDU-Grundsatzprogrammen wesentliche Impulse gegeben und natürlich in vielen Wahlkämpfen mitgewirkt. Später wurde er Grundsatzabteilungsleiter bei Ministerpräsídent Erwin Teufel in Baden- Württemberg und zum Ende seiner beruflichen Laufbahn Leiter des KAS-Auslandsbüros in der Türkei.
Wulf galt nicht als besonders vorsichtig und angepasst, sondern als streitbar und diskussionsfreudig. Argumentationsstark vertrat er seine Standpunkte für eine liberale Demokratie und die notwendigen Reformen in der Gesellschaft. Er war für viele RCDS‘ler ein Vorbild mit seinem Engagement und seiner Diskussionsfreude. Wir haben ihn sehr geschätzt und werden ihm ein ehrendes Andenken bewahren. Unser Mitgefühl gilt seiner Familie.
Dr. Christian Schede, Dr. Hans Reckers, Prof. Dr. Mario Voigt, Dr. Tamara Zieschang, Dr. Johannes Steinfort
Dr. Wulf Schönbohm und die SONDE
1969/70, nach seiner Zeit als Bundesvorsitzender des RCDS, trug Wulf Schönbohm federführend zur Gründung der SONDE bei.
In der Folge beeinflusste die SONDE mit pointierten Beiträgen und Positionen unter anderem den Reformprozess in der CDU der Siebziger. Bekannt wurden insbesondere die sogenannten “SONDE-Thesen”, in denen konkrete Forderungen an die Politik gestellt wurden.
Noch Ende 2020 fasste Wulf Schönbohm selbst in einer E‑Mail an die Redaktion sein Wirken bei der SONDE und speziell die “SONDE-Thesen” wie folgt zusammen:
“In 11 Jahren haben wir sieben mal Sonde-Thesen veröffentlicht und zwar immer zu Fragen der Reform, der Reorganisation, zu Politik und Strategie der CDU. Zum Beispiel haben wir für den Kanzlerkandidaten eine Urwahl durch alle Mitglieder von CDU und CSU gefordert, und eine Vereinigung für den neuen Mittelstand, sowie einen liberalen Arbeitskreis. Wir haben uns gegen eine vierte Partei, gegen eine bundesweite CSU und gegen eine Rechtsprofilierung der CDU ausgesprochen, und für Franz-Josef Strauß als bayrischen Ministerpräsidenten, als er selbst das noch nicht wollte. Und immer für Helmut Kohl.”
Wulf Schönbohm ist seiner mit der CIVIS verschmolzenen SONDE bis zuletzt aktiv verbunden geblieben.
Letztmals verfasste er im Jahr 2018 einen Beitrag für das Magazin, einen Nachruf auf seinen langjährigen Chef Heiner Geißler. Über sein Verhältnis zu Geißler schrieb er darin zum Beispiel: “Heiner Geißler hat seine engsten Mitarbeiter immer gegen von außen kommende Kritik verteidigt und sich vor sie gestellt. Auch mich hat er, wenn Kohl meine politischen Aussagen in Artikeln oder Interviews kritisierte, in Schutz genommen und mich deswegen nie gerügt oder ermahnt. Da war er eisern.” Und er machte sich auch in diesem Beitrag Gedanken über drohende Ideenarmut und fehlenden Kampfeswillen einer in der Regierung sitzenden großen Volkspartei. Das war und blieb sein Thema.
Wulf Schönbohm hat als Mitglied im Beirat immer ermunternd-kritisch auf die Redaktion eingewirkt: Die Vitalität der innerparteilichen Debatte müsse hoch gehalten werden. Daran werden wir uns weiterhin orientieren. Wulf Schönbohm wird uns und darüber hinaus allen Nachfolgerinnen und Nachfolgern bei CIVIS mit SONDE ein großes Vorbild bleiben. Wir werden ihm ein ehrendes Andenken bewahren.
Unser Mitgefühl gilt der Familie Schönbohm.
für die Redaktion der CIVIS mit SONDE
Carl-Philipp Sassenrath