“Quo vadis, CDU?” – Impuls 8: Hen­rik Wär­ner möch­te, dass sich die CDU den The­men der Jugend stär­ker annimmt. Er schlägt vor, dem RCDS und der Schü­ler­uni­on ein Antrags­recht auf Bun­des­par­tei­ta­gen zuzu­ge­ste­hen. Außer­dem müs­se man das Feld der Dele­gier­ten auf den Par­tei­ta­gen verjüngen.

Kurz gele­sen: Wenn wir als Volks­par­tei Uni­on bestehen wol­len, müs­sen wir uns den The­men der Jugend stär­ker anneh­men und die Basis durch inhalt­li­che Beschlüs­se mit bin­den­dem Cha­rak­ter stär­ker inte­grie­ren. Wir müs­sen raus aus der Defen­si­ve und durch eige­ne Ideen aktiv Poli­tik gestal­ten. Dafür ist es auch wich­tig, den Jugend­li­chen, die sich poli­tisch enga­gie­ren, ein Sprach­rohr zu geben. Dar­um schla­ge ich im Fol­gen­den vor, dass wir dem RCDS als Son­der­or­ga­ni­sa­ti­on aber auch der Schü­ler Uni­on zuge­ste­hen, ihre Ideen auf den Bun­des­par­tei­ta­gen in Form von Anträ­gen ein­zu­brin­gen. Wenn die CDU wirk­lich dar­an inter­es­siert ist sich zu ver­jün­gen, dann muss sich dies auch auf den Dele­gier­ten­lis­ten wie­der­spie­geln. Hier ist es sinn­voll den wei­te­ren Jugend­or­ga­ni­sa­tio­nen die Mög­lich­keit geben, Dele­gier­te zu bestim­men. Dies ermög­licht eini­gen Jün­ge­ren die Par­ti­zi­pa­ti­on als Dele­gier­te, die noch nicht sämt­li­che Ebe­nen der Kreis­par­tei durch­lau­fen haben.

Nach den Euro­pa­wah­len sind die Christ­de­mo­kra­ten in hel­ler Auf­ruhr – kei­ne Fra­ge. Das Ergeb­nis der Euro­pa­wahl und auch schon der Bun­des­tags­wahl 2017 ist fatal – Wahl­er­geb­nis­se um 40% müs­sen der Anspruch der Uni­on sein! Der Umgang mit You­Tube-Vide­os und dem Urhe­ber­recht auf euro­päi­scher Ebe­ne waren unglück­lich, aber sie sind nicht die Wur­zel des Pro­blems. Die­se liegt deut­lich tie­fer in der grund­sätz­li­chen Arbeit unse­rer Par­tei­ba­sis. Beschäf­ti­gen wir uns wirk­lich aus­rei­chend mit den The­men, wel­che die Jugend inter­es­sie­ren? Was inter­es­siert denn die Jugend­li­chen über­haupt? Mit Sicher­heit auch Kli­ma­schutz und Netz­po­li­tik! Aber tag­täg­lich dreht sich ihr Leben häu­fig um unser Bil­dungs­sys­tem. Weni­ger um die Sys­tem­fra­gen an sich, dafür umso mehr um sei­ne Auswirkungen.

Schau­en wir in die Antrags­map­pe des letz­ten Bun­des­par­tei­ta­ges, wer­den wir fest­stel­len, dass genau ein bil­dungs­po­li­ti­scher Antrag vor­lag. Die­ser befass­te sich aller­dings mit dem – zwei­fels­oh­ne enorm wich­ti­gen – The­ma des Lebens­lan­gen Ler­nens. Damit umfass­te die Antrags­map­pe im The­men­feld schu­li­sche, beruf­li­che oder aka­de­mi­sche Bil­dung null Sei­ten. Auf­ge­fal­len ist dies ver­mut­lich kei­nem der 1001 Dele­gier­ten, lag der Fokus doch auf der Wahl des Par­tei­vor­sit­zes. Hier muss sich die Par­tei die Fra­ge stel­len, wor­in das Ziel von Par­tei­ta­gen liegt. Per­so­na­lia? Natür­lich! Wir wol­len doch schließ­lich wei­ter­hin den Chef­ses­sel im Bun­des­kanz­ler­amt und zumin­dest der meis­ten Minis­te­ri­en beset­zen. Die inhalt­li­che Beschluss­fas­sung gerät dabei häu­fig ins Hin­ter­tref­fen. Hier liegt für mich das wah­re Pro­blem, das wir als CDU haben. Wir wis­sen nicht wofür wir ste­hen. Natür­lich haben wir kla­re Wer­te, die uns als Christ­de­mo­kra­ten antrei­ben. Uns eint dabei ein gemein­sa­mes Wer­te­ver­ständ­nis, das sich in den unter­schied­li­chen Wur­zeln unse­rer Par­tei wie­der­spie­gelt. Unse­re Stär­ke muss dar­in lie­gen, gera­de mit die­sen unter­schied­li­chen Strö­mun­gen auf dem gemein­sa­men Wer­te­fun­da­ment zu strei­ten. Denn wir haben in den ver­gan­ge­nen Jah­ren ver­lernt, um unse­re Ansich­ten zu strei­ten und wis­sen des­halb nicht, wohin uns unse­re Wur­zeln in der Zukunft lei­ten sollen.

Wenn wir aber die gro­ßen Zukunfts­de­bat­ten in Deutsch­land ein­mal ana­ly­sie­ren, springt ins Auge, dass sich die Uni­ons­par­tei­en meis­tens in die Defen­si­ve bege­ben. Wir brin­gen die gro­ßen Debat­ten nicht sel­ber ein, son­dern wir reagie­ren auf die The­men, die von außen ein­ge­bracht wer­den – dadurch sind wir in einer dau­er­haf­ten Abwehr­hal­tung. Den­ken wir nur ein­mal an die Debat­ten um Nach­hal­tig­keits- und Kli­ma­po­li­tik, Ener­gie­po­li­tik oder Ren­ten­po­li­tik, aber auch die Zukunft der beruf­li­chen Bil­dung und ihre Bezie­hung zur aka­de­mi­schen Lauf­bahn. So wer­den wir kaum noch öffent­li­che Debat­ten gewin­nen, geschwei­ge denn die­se anfüh­ren. Die logi­sche Kon­se­quenz ist, dass wir die eigent­li­che Poli­tik Ande­ren über­las­sen und wei­ter­hin dabei zuse­hen müs­sen, wie uns Zukunfts­de­bat­ten überrollen.

Im Fuß­ball heißt es „Angriff ist die bes­te Ver­tei­di­gung“ – das gilt auch für die Poli­tik. Wir müs­sen unse­re The­men aktiv ein­brin­gen und so wie­der Zukunfts­par­tei wer­den, dafür braucht es zunächst aber kla­re The­men, die wir mit brei­ter Brust und dem Selbst­ver­trau­en durch die bes­ten Argu­men­te und Fak­ten ein­brin­gen kön­nen. Des­halb muss die CDU zu neu­er inhalt­li­cher Stär­ke zurück­fin­den. Die­se Ideen müs­sen wie­der stär­ker durch die 415.000 Mit­glie­der zusam­men­ge­fügt und weni­ger von den 200 Bun­des­tags­ab­ge­ord­ne­ten und den Minis­tern erar­bei­tet wer­den. Aus mei­ner Sicht macht genau das eine Volks­par­tei aus! Nicht nur, dass sie brei­te Bevöl­ke­rungs­schich­ten ver­tritt, son­dern dass ihre The­men von einer brei­ten Mit­glie­der­ba­sis erar­bei­tet wer­den. Das führt einer­seits zu einer brei­te­ren Akzep­tanz für die The­men der Par­tei, ande­rer­seits wird so eine Mit­glied­schaft in der Par­tei und ihren Glie­de­run­gen attraktiver.

Von selbst ver­steht sich dabei, dass die Beschlüs­se von Par­tei­ta­gen umge­setzt wer­den müs­sen oder zumin­dest mit aller Vehe­menz in Koali­ti­ons­ver­hand­lun­gen ver­tei­digt wer­den. Die Beschlüs­se von Bun­des­par­tei­ta­gen müs­sen eine bin­den­de Wir­kung haben.

In den Stun­den nach der Euro­pa­wahl, bei der wir als CDU unser Ziel klar ver­fehlt haben, war schnell erkenn­bar, dass die The­men und Ideen der Uni­on an den Ansprü­chen der Jung- und Erst­wäh­ler vor­bei­ge­gan­gen sind. Der Ruf wur­de laut, dass die Jun­gen in unse­rem Land wie­der stär­ker berück­sich­tigt wer­den müssen. 

Wir als Ring Christ­lich-Demo­kra­ti­scher Stu­den­ten (RCDS) sind Son­der­or­ga­ni­sa­ti­on der CDU und haben somit eine bera­ten­de Stim­me in den Gre­mi­en der Par­tei. Ganz egal, ob in Fach­aus­schüs­sen, Lan­des­vor­stän­den oder im Bun­des­vor­stand: Wir sind mit unse­rer Stim­me dabei und ver­tre­ten die Inter­es­sen der Stu­den­ten mit dem Schwer­punkt auf Bildungs‑, Hoch­schul- und Wis­sen­schafts­po­li­tik. In unse­ren Grup­pen- und Lan­des­ver­bän­den sowie unse­ren Fach­aus­schüs­sen arbei­ten vie­le Mit­glie­der neben ihrem Stu­di­um an Ideen, die das Umfeld jun­ger Men­schen bes­ser machen. Dabei ver­fol­gen die Wenigs­ten das fes­te Ziel, sel­ber ein­mal als Berufs­po­li­ti­ker tätig zu sein. Viel­mehr liegt ihr Fokus auf dem erfolg­rei­chen Abschluss des eige­nen Stu­di­ums und einem erfolg­rei­chen Start in das Berufs­le­ben. Umso ehr­li­cher sind für mich des­halb die Gedan­ken und Ansät­ze, die von den Enga­gier­ten des RCDS auf unse­ren Bun­des­ver­an­stal­tun­gen ver­ab­schie­det werden.

Genau des­halb hal­te ich es für unglaub­lich wich­tig, dass die­se auch von den Gre­mi­en der Par­tei, allem vor­an dem beschluss­fas­sen­den Par­tei­tag, gehört wer­den. Dar­um möch­te ich, dass auch den Son­der­or­ga­ni­sa­tio­nen der Uni­on ein Antrags­recht auf den Par­tei­ta­gen der Uni­on zuge­stan­den wird. Dies ist ein ers­ter wich­ti­ger Schritt, um den Anlie­gen den Jugend mehr Gehör zu wid­men. Wenn wir Volks­par­tei blei­ben wol­len, soll­te sich die CDU drin­gend mit den Inhal­ten der­je­ni­gen befas­sen, die in weni­gen Jah­ren anfan­gen wer­den, die Steu­er­kas­se unse­res Staa­tes zu fül­len. Die Uni­on muss ihren eige­nen Jun­gend­or­ga­ni­sa­tio­nen zuge­ste­hen, sich mit ihren Ansät­zen für die Zukunft aus­ein­an­der­zu­set­zen, auch wenn sich für den einen oder ande­ren alt­ein­ge­ses­se­nen Dele­gier­ten der Ver­dacht von Nai­vi­tät und Jun­gend­lich­keit auf­tun mag. Außer­dem wür­de es unse­rer Par­tei auch nicht scha­den, unter den Dele­gier­ten­rei­hen für ein bevöl­ke­rungs­na­hes Alters­ver­hält­nis ein­setzt. Auch hier bie­tet es sich an, den nahe­ste­hen­den RCDS aber auch der Schü­ler Uni­on die Mög­lich­keit ein­zu­räu­men, zumin­dest mit jeweils zwei Dele­gier­ten an den Ent­schei­dun­gen der Volks­par­tei Ein­fluss zu nehmen.

Es gibt Exper­ten, die das Kapi­tel der Volks­par­tei­en für been­det erklä­ren. Wenn wir die­sem Sze­na­rio ent­ge­gen­wir­ken wol­len, dann wird es jetzt höchs­te Zeit, sich mit den Ansprü­chen der Wäh­ler aus­ein­an­der­zu­set­zen, ansons­ten wer­den wir an vie­len wei­te­ren Wahl­sonn­ta­gen die Wor­te „Die Uni­on fährt damit das schlech­tes­te Ergeb­nis ihrer Geschich­te ein“ hören müssen.

 

Hen­rik Wärner

Auf­ge­wach­sen im Land­kreis Cux­ha­ven, Abitur 2012, ab 2012 Stu­di­um der Agrar­wis­sen­schaf­ten, jetzt im Mas­ter an der Uni­ver­si­tät Göt­tin­gen, seit 2017 Bun­des­vor­sit­zen­der des RCDS und Mit­glied im CDU Bun­des­vor­stand. Zuvor Lan­des­vor­sit­zen­der in Nie­der­sach­sen. Außer­dem Mit­glied im Rat der Gemein­de Schiffdorf.